Von Labuan Bajo fahren wir 4h nach Ruteng – Hauptstadt der Provinz Manggarai. Eine sympathische Stadt, durch ihre Höhenlage angenehm temperiert, und es gibt noch relativ viel Auswahl an Restaurants 😉
Wir mieten ein Moped und fahren 15km westlich nach Cancar, wo man ein mysteriöses Spinnennetz-Reisfeld besichtigen kann.
Aus ökonomischer Sicht macht diese Anordnung wenig Sinn. Grund dafür ist der Vererbungsmechanismus der lokalen Bevölkerung. Jedem Clan gehört 1 „Pizzastück“. Und jedem Clan gehören rund 10 Familien an. Tradition.
Die Größe eines Reisfelds hängt von den Fähigkeiten der Clanmitglieder ab, das Land zu kultivieren. Theoretisch gehört 1 Reisfeld auch nicht nur 1 Familie. Sie sind zwar dafür verantwortlich und dürfen es bebauen. Als kollektive Gesellschaft hat aber die ganze Gemeinschaft Anspruch auf das gesamte Land.
Den Ursprung dieser Idee findet man in den sogenannten „Trommelhäusern„. Als sich einst die Nomaden auf Flores niedergelassen haben um Ackerbau zu betreiben, wurde in Anlehnung an die Raumaufteilung in ihren Häusern (Spinnennetzstruktur) beschlossen, dieselbe Anordnung in ihren Reisfeldern zu unternehmen. So konnten sie ihre animistische Konnektivität beibehalten.
Bei ihrer täglichen Feldarbeit arbeiten sich die Bauern immer von außen in die Mitte. So treffen sich die Dorfbewohner am Abend im Zentrum und verbringen ihren Feierabend zusammen. Manchmal finden im Feld-Kern auch Zeremonien statt.
4 Autostunden weiter in Bajawa. Neue Provinz, neue Sprache. Menschen aus Labuan Bajo können Menschen aus Bajawa nicht verstehen. Sie können nur in Bahasa (indonesisch) miteinander kommunizieren.
Es wird geschätzt, dass es auf Flores über 20 verschiedene Sprachen geben soll.
„Hello, Mister!“, „Where you go?“, „Where you from?“ Hörst Du ständig. Aber nicht aufdringlich. Freundlich.
Kaum Essensmöglichkeiten. Viel Skurriles.
Wir besuchen das traditionelle Dorf Bena. Schon die Kulisse dorthin ist wahnsinnig beeindruckend.
Als wir in Bena ankommen, ist niemand da. Nur die Ngada-Kommune hütet sich vor der Sonne unter ihren Strohdächern. Einblick in das heutige Dorfleben einer „Steinzeitkultur“. In den vergangenen 1.200 Jahren hat sich das Leben hier bis zum Eintritt des Tourismus kaum verändert.
In der Mitte stehen zwei Schreine – ngadhu und bhaga – die das Geschlechterverhältnis in dieser nicht-patriarchalischen Gesellschaft symbolisieren. Ngadhu ist ein schirmenartiger Ahnenschrein der den männlichen Körper symbolisiert. Schnitzereien am Stamm. Mit kriegerähnlicher Figur gekrönt. Symbol für Heftigkeit & Fruchtbarkeit.
Das Bhaga ist ebenfalls eine kleine Hütte. Symbolisiert das Heiligtum des Hauses sowie den weiblichen Körper. Platz für 1-2 Personen um Rituale für weibliche Vorfahren abzuhalten. Die Ngada sind übrigens matrilineare Menschen. Das bedeutet, dass die Mütter ihre Häuser an die Töchter vererben.
Für mich ist ngadhu und bhaga insofern spannend, weil hier der Status von Mann und Frau in einem Stamm offensichtlich wird. Es verweist auf die schwierige Balance zwischen machtvoller männlicher Beherrschung des Außenraums und weiblicher Dominanz im Inneren.
Auf dem Boden wird viel getrocknet: Keriminüsse, Haselnüsse, Kaffeebohnen oder Nelken.
Riesige Megalithen in der Dorfmitte. Für den Stamm ein Mittel, um sich mit dem übernatürlichen Bereich zu verbinden und mit ihren Ahnen zu kommunizieren. Opferaltar für Tiere in der Mitte. Wurde in Stonehenge ähnlich gemacht.
An den Außenwänden: hängende Schädel und Hörner von Wasserbüffeln, manchmal sogar Schweinezähne. Symbolisiert den sozialen Status eines Hauses.
Am Dach: Die Figur unten stellt das Haus des Stammeshäuptlings dar. Es ist mehr als 900 Jahre alt.
Schwert und Speer schützen vor bösen Geistern.
Auf anderen Dächern trocknet einfach nur Mais 😀
Möglicherweise eine Sonnenuhr…
Hausbau: Die Holzfasern der horizontalen Hausbalken müssen so angelegt werden, dass sie im Uhrzeigersinn um das Haus zeigen. Tradition.
Türrahmen und Fassadebalken sind reichlich mit Schnitzereien verziert.
Auch das Dorf Bena ist christianisiert worden. Sie glauben an Jesus Christus. Ihre traditionellen Naturreligionen spielen aber eine größere spirituelle Rolle.
Mir fallen die roten Zähne und Lippen der Frauen auf. Das kommt vom Betelnuss-Kauen. Genau genommen kauen sie eine Mischung aus Betelblatt, Arecanuss, Kalk und Kautabak. Das daraus resultierende Eugenol regt Speichelfluss und Verdauung an und erzeugt neben einem betäubenden Gefühl im Mund auch eine psychostimulierende Wirkung: Wohlbefinden, Leichtigkeit im Kopf, wohldosierte Euphorie und Gelassenheit. Langjähriges Kauen kann jedoch zu Sucht und Mundhöhlenkrebs führen.
Oma beim Kaffeemahlen 🙂
Von hier sieht man nicht nur den Inerie-Vulkan, sondern bis hinunter zum Savu-Meer sowie andere Ngada-Dörfer.
10/11/2014
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