Die zweitgrößte Stadt Brasiliens ist vielleicht die schönste der Welt. 12 Millionen Cariocas (so bezeichnet man Rios Einwohner) leben in der Metropole an der Guanabara-Bucht, die kontrastreicher und farbenprächtiger nicht sein könnte. Rio ist Musik. Rio ist Samba. Rio ist Fußball. Rio ist… heiß.
Bis zum Bau der neuen Kathedrale war die Nossa Senhora de Candelária aus der Neo-Renaissance die größte Kirche der Stadt. Die Eingangstüren bestehen aus Bronze, im Inneren kann man marmorne Säulen, Altäre und Statuen bestaunen.
Die neue Kathedrale Rio de Janeiros wurde 1979 fertiggestellt und ist 96 Meter hoch. 20.000 Menschen sollen reinpassen. Das pyramidenförmige Gebäude gefällt mir trotzdem nicht.
Sambodrómo in Rio de Janeiro: Rios weltberühmte Karnevalstraße ist 700m lang. 80.000 Zuseher haben Platz. Am Freitag vor Aschermittwoch ist diese Straße dann auch voll.
Die Copacabana – der berühmteste Strand der Welt. Hier zeigt sich die ethnische, kulturelle und soziale Vielfalt der brasilianischen Gesellschaft. Es ist der Stadtteil der Bohéme, des Reichtums und des Glanzes. Schauspieler, Fußballprofis aber auch Bettler und Favela-Bewohner – alle lieben den tiefen, weichen, 4km langen Sandstrand am Atlantik.
Futvolley
Als ich an der Copacabana saß, faszinierten mich die Futvolley-Spieler. Also habe ich einfach mal gefragt ob ich mitmachen darf. 1:18 verlor ich das erste Spiel mit meinem Partner Junio (ein Beachsoccer-Profi bei Flamengo). 3:18 das zweite Spiel. Ich wurde ausgelacht. Junio kam zu mir und beruhigte, er spielt seit 30 Jahren Futvolley. Jeden Tag. Jeden Tag! Und das mehrere Stunden. Seine Freunde ebenso. Er selbst ist 36. Er zeigte mir dann einige Techniken auf Sand und ich fühlte mich schon wohler auf dem ungewohnte Belag. Wir spielten noch ein Match. Gegen dieselben Gegner. Jetzt war das Match sehr eng. Mir gelangen plötzlich Punkte mit Schulter und Ferse, sogar ein Seitfallzieher. Die drei Leute an der Seitenlinie schrien und feuerten mich so laut an, dass bald um die 50 Menschen stehen blieben und zusahen. Dann: Matchball für uns. Gänsehaut. Leider abgewehrt. Noch ein Matchball für uns. Wieder abgewehrt. Dann nutzten unsere Gegner ihren ersten und gewannen 20:18. Das war im Endeffekt besser so. Die brasilianische Ehre war gerettet 😉 Einen kleinen Videoausschnitt zum Spiel findest Du unterhalb:
An der Copacabana wurde ich auch überfallen. Am Nachmittag. Von 5-6 Kindern. Sie sind flink und unauffällig. Habe sie auch nicht kommen sehen. Ein Junge griff auf einmal nach meiner Spiegelreflexkamera und wollte sie mir wegreißen. Ich hatte sie aber fest in der Hand und die Schlaufe um meinen Hals. Mit einem Fußtritt und erhobener Faust konnte ich sie verscheuchen. Pass also gut auf Deine Wertgegenstände auf!
Einen Tipp habe ich für alle, die sich in Brasilien kleine Verletzungen zuziehen. Ich habe mir schon am ersten Tag am Strand eine Wunde an meiner Fußsohle zugezogen. Ein Glassplitter steckte. War nicht weiter schlimm. Doch am dritten Tag wurde mein Fuß rot und schwoll so dick an, dass ich nicht mehr gehen konnte. Für solche Fälle gibt es die UPA. Jeder Mensch hat in Brasilien das Recht auf kostenlose, schnelle medizinische Erstversorgung – das gilt auch für Touristen. So eine UPA-Station gibt es in jeder brasilianischen Stadt – in Großstädten wie Rio in jedem Stadtviertel. Ich ging dort mit einem Freund hin, der für mich alles auf Portugiesisch übersetzte. Sie nahmen mir den Glassplitter raus, desinfizierten die Wunde und gaben mir Tabletten in die Hand. Alles kostenlos. Ich musste nur meinen Reisepass herzeigen und versichern, dass ich gegen Tetanus geimpft bin. Tolle Sache. Das sollte es auch in Österreich geben.
Ein Dankeschön an meine Freunde aus Sao Paolo, Rio, Brasilia und Manaus. Ich hatte eine unvergessliche Zeit mit Euch.
Die Christus-Statue (El Cristo Redentor) liegt 709 Meter über dem Meeresspiegel auf dem Corcovado-Hügel und ist 38 Meter hoch. Es ist eines der sieben Weltwunder.
Eigentlich halte ich nicht viel von Monumenten. Und im Endeffekt ist das Weltwunder ja nur ein Betonblock und im Vergleich zu anderen Bauwerken der Menschheitsgeschichte keine architektonische Meisterleistung. Aber die Form und der Standort der Statue haben eine unglaublich symbolische Kraft. Die Menschen fühlen sich davon beschützt und werden stets daran erinnert, Ruhe zu bewahren und Gutes zu tun.
Vielleicht veranlasste das auch den Wächter der Statue, sich ein besonderes Tattoo stechen zu lassen…
Den Zuckerhut fand ich nie besonders beeindruckend. Als ich dann aber oben stand und mit eigenen Augen sah, was vor mir lag, änderte sich das. Von hier hat man ein noch besseres Panorama auf die Stadt als von der Christus-Statue.
Vor 560 Millionen Jahren befand sich der Monolith auf dem Urkontinent Gondwana, ehe Südamerika und Afrika langsam auseinander brachen und durch die Abtragung ein heute 396 Meter hoher Granit- und Quarzfelsen entstand. Warum der Zuckerhut Zuckerhut heißt? Portugiesische Seefahrer importierten im 16. Jahrhundert Zuckerrohr aus Brasilien nach Europa. Dazu wurde der raffinierte Zucker in Gefäßen gelagert, die die Gestalt des heutigen Monolithen annehmen.
Das Arcos de Lapa ist ein Aquädukt im Zentrum der Stadt. Es wurde 1750 errichtet um die Wasserversorgung der Stadt durch den Fluss Carioca gewährleisten zu können. 270 Meter lang. 17 Meter hoch. Seit 1896 wird sie als Brücke für die Bondinho de Santa Teresa (Straßenbahn) verwendet. Der Stadtteil Lapa ist mit seinen vielen Bars und Clubs übrigens auch das Fortgeh-Zentrum Rios.
Das Maracana. Einst fanden bis zu 200.000 Zuschauer darin Platz. Es war die größte Sportstätte der Welt. Früher bekamen bei Fußballspielen sogar die Bettler vor den Eingängen immer genug, um reinzukommen. Es verbindet arm und reich jetzt nicht mehr, es teilt. Fußball ist zum Luxus geworden. Die aktuellen Demonstrationen der brasilianischen Bevölkerung sind absolut nachzuvollziehen.
Meine Euphorie war trotzdem groß: Ich habe mir ein Spiel der Copa Carioca angesehen: Flamengo – Audax. 12.873 Zuschauer. Trotzdem war das Stadion mit einer Kapazität von 78.838 Zuschauern leer. Dafür ist die Akustik im neuen WM-Stadion elektrisierend. Flamengo gewann das Spiel 1:0. Höhepunkt der Partie war aber ein verpatzter Abschluss des Sohnes des ehemaligen Weltmeisters Bebeto. Das bei der WM 1994 gefeierte Baby und der heute 19-Jährige Matheus Oliveira wurde danach bei jedem Ballkontakt von den eigenen Fans ausgepfiffen.
Der chilenische Künstler Jorge Selarón setzte mit der Escadería Selarón seiner Wahlheimat Brasilien ein Denkmal. Die Treppe ist mit einem Mosaik aus Fliesen verziert, die hauptsächlich aus den Farben grün, gelb und blau bestehen – ein Tribut an die brasilianische Flagge. Wenn Sie genau hinsehen, finden Sie einige interessante Abbildungen auf den Treppen.
Die Favelas. Ein Viertel der Menschen der Stadt lebt in diesen Siedlungen unter katastrophalen Bedingungen. Keine Wasserversorgung, hohe Kriminalität, Drogenmafia. Die ärmlichen Behausungen befinden sich an den Hängen der Stadt.
Zunächst besuchte ich die Favela Santa Marta in Botafogo. Die meisten Touristen nehmen einen Führer. Ich war alleine unterwegs. Ich hatte nicht das Gefühl, dass das eine gefährliche Gegend ist. Die Stadt unternimmt große Anstrengungen, diese Viertel sozial zu reintegrieren – mit enormer Polizeipräsenz und sozialen Projekten für Kinder. Es gibt Free Wi-Fi für die Bewohner, um dem Problem des Digital Divide entgegen zu treten. Doch die Probleme sind augenscheinlich. Wasser wird zB gewonnen, in dem Wannen auf die Dächer gestellt werden, um Regenwasser aufzufangen.
Zu meiner Überraschung begegnete ich einer Michael Jackson-Statue. Mitten in der Favela…
Nach Santa Marta beschloss ich die größte Favela Südamerikas zu besuchen: Rocinha. Angeblich auch die gefährlichste. Ein Freund sagte mir, vor 2-3 Jahren wurde hier noch täglich geschossen. Heute passiert das vielleicht nur 1x in 3 Monaten. Als ich durch Rocinha spazierte, standen alle 20 Meter Polizisten Wache. Ich wagte mich dann auch durch enge, dunkle Gassen. Und ich stieß auf total freundliche Menschen. Man sollte nicht alle Horrorgeschichten glauben, die es über die Favelas in Rio gibt.
Der Tijuca-Nationalpark (!) mitten in Rio de Janeiro.
Auch kulinarisch hat Rio de Janeiro viel zu bieten.
Açai: eine lila Frucht einer brasilianischen Palmart, deren Geschmack man mit einer Brombeere vergleichen kann. In Brasilien genießt man das Açai-Eis an jeder Ecke.
Caipirinha kann man ganz einfach selbst machen. Man braucht nur eine Frucht (Limette, Maracuja, etc.), Eiswürfel, Zucker und Cachaça (Zuckerrohrschnaps). Nimmt man Vodka, ist es ein Caipirosca.
Feijoada ist das brasilianische Nationalgericht. Es ist ein Eintopf aus schwarzen Bohnen und wird meistens mit Reis, Würsten, Steaks, Salat und Farofa (Maniokmehl – das gelbe Pulver im Bild) serviert.
Wie in Asien gibt es auch in Südamerika viele Street Food-Stände. Mein Brasilien-Favorit: Mocotó und Angu a Baiana.
Tapioca – DIE kulinarische Entdeckung für mich. Tapioca wird aus den Knollen des Maniokstrauchs gewonnen. Leicht, glutenfrei, gesund. Aus den kleinen weißen Perlen lassen sich Wraps formen. Mit Erdbeeren oder Fleisch lassen sich dann unendlich viele kleine Snacks kreieren.
Auf Wiedersehen, Rio!
Übrigens: Als ich mich einmal verirrt habe, hatte ich ein berührendes Erlebnis. Die Geschichte zur Hand von Rio de Janeiro kannst Du hier nachlesen 🙂
20/01/2014
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