24h Aufenthalt. Meine kurze Zeit in Medellin musste ich nutzen…
Medellin befindet sich auf 1.500m. Die Temperaturen sind ganzjährig gemäßigt mit 16-30°C.
Knapp 4 Mio. Einwohner leben in der Metropole. Die „Favelas“ an den Berghängen sind aufgrund ihrer dichten Bebauung am besten mit der Seilbahn zu erreichen.
Medellins Favelas werden begrünt und aufgewertet. 2012 zeichnete das Wall Street Journal Medellin als „innovativste Stadt der Welt“ aus. Zu tun gibt es noch viel.
Medellins Zentrum ist unvorstellbar laut. Wenn es nicht alte Trucks und Motorräder sind, kann man sich auf die Megafone an den Straßenmärkten verlassen.
Die Mordrate in Medellin lag 2017 bei 600 pro Jahr, die meisten geschehen im Zentrum. Das bedeutet aber nicht, dass das Zentrum gefährlich für Touristen ist. Tötungsdelikte passieren hier meist aufgrund von Banden- und Drogenkriegen.
Frag mich nicht, wie ich zum Haus von Pablo Escobar gekommen bin. Zwei Taxifahrten später stand ich davor.
Eine freundliche Dame öffnete und führte mich herein. Eine Hausführung.
Zuerst zeigte mir die Dame den Fuhrpark.
Mit diesem als Polizeiauto getarnten Fahrzeug schaffte es Pablo Escobar angeblich, einen inhaftierten Freund aus einer Polizeistation zu befreien.
Die Führung war auf Spanisch. Warum hier ein deutscher „Wartburg“ aus dem Jahr 1965 stand, hab ich nicht ganz verstanden 😉
Zu den Ausstellungsstücken gehörte das originale „Wet Bike MI6“ aus einem James Bond-Film. Ebenfalls wurden mir Fotos von Frank Sinatra gezeigt. Er soll das Eingangstor zur Kokainversorgung der US-amerikanischen Hi Society und ein guter Freund von Pablo Escobar gewesen sein.
Immer wieder sprach die Dame von ihrem Onkel und ihrem Papa. So, als ob sie sich als Nichte oder Tochter von den Escobar-Brüdern ausgeben wollte. Als es mir zuviel wurde, fragte ich. Und sie bestätigte tatsächlich! Sofort lief es mir kalt über den Rücken. Der alte Mann, der mir vorhin Kaffee anbot, war also Roberto Escobar – einer der einst meistgesuchtesten Verbrecher der Geschichte?! Ich bin fassungslos!
In diesem Moment kam Roberto Escobar heraus. Und schon begann er offen zu erzählen vom Trotz seines Bruders Pablo gegenüber Polizeibehörden, Frauengeschichten und abenteuerlichen Coups… Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich nicht selbst Teil dieser Situation gewesen wäre 😉
Nun zu diesem Haus: Die Nichte von Pablo Escobar verriet mir, dass ihrem Onkel hunderte Häuser in Medellin gehörten. Ende der 1980er Jahre lebte er immer an einem anderen Ort. Die meisten ihrer Häuser wurden der Familie nach Pablos Tod von der Stadt enteignet, sagt sie. Eines der übrig gebliebenen, ist dieses.
Der Größenwahn von Pablo Escobar manifestierte sich u.a. in seiner Luxus-Farm „Hacienda Nápoles“ mit 1.700 Angestellten, 20 künstlichen Seen, Flughafen, Stierkampfarena und einem eigenen Zoo. Der Wert des Anwesens wurde einst auf 60 Mio Dollar taxiert. Unter anderem befand sich dort ein Chevrolet aus 1934, in dem Bonnie & Clyde erschossen worden sein sollen. Darunter seltene Pflanzen und Palmen – aber auch Elefanten, Nashörner, Nilpferde, Giraffen. All das machte Escobar sogar öffentlich zugänglich. Einige Tiere wurden nach 1993 freigelassen und so gibt es heute etwa hundert Hippos in Kolumbien, die sich stark vermehren.
Selbst als eine der meistgesuchtesten Männer der Welt, posierten Pablo und Roberto Escobar trotzig vor dem Weißen Haus in Washington.
Im Haus zeigten sie mir kleine Tricks, die im damaligen Drogenhandel angewendet wurden…
Roberto Escobar – aufgrund eines Briefbombenattentats im Gefängnis auf einem Auge blind – erzählte mir, dass ihm Pablo 1993 geraten hat, sich der Polizei zu stellen. Pablo selbst hätte seine Ergreifung niemals zulassen können, sagte Roberto. Deshalb beging er auf einem Dach in Medellin Selbstmord, kurz bevor die kolumbianische Polizei eintraf. Roberto – der die Finanzgeschäfte leitete – stellte sich und bekam 14 Jahre. 2007 wurde er freigelassen.
Das erste, was ich nach diesem Lebensereignis in Medellin machte: ich googelte alle Geschichten zu Pablo und Roberto Escobar. Nicht nur, dass alle erzählten Stories von Roberto und seiner Tochter an diesem Tag stimmten, detaillierte Einblicke in das kolumbianische Luxus- und Drogenleben während den 1960er bis 1990er Jahren wurden mir aus erster Quelle vor Augen geführt. Noch heute stelle ich mir die Frage, wie ich in solche Kreise geraten konnte 😉
Meine eigene Reisegeschichte zum Meeting mit den Escobars kannst Du hier nachlesen 🙂
22/07/2017
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