Shanghai. Du warst mein erstes langes Auslandsabenteuer. 2011 studierte ich hier ein halbes Jahr an der Eliteuniversität Fudan University. Nachstehend einige Eindrücke dazu…
Shanghai ist mit 26 Mio. Einwohnern die drittgrößte Stadt der Welt – Stand: 2018 (siehe UN-Bericht). Nur Tokio und Neu Delhi sind noch prall gefüllter.
Der Bund ist gesäumt mit britischen, französischen und deutschen Kolonialbauten. Ende des 19. Jh. stieg der Kolonialhandel rasant an: die Grundstückspreise erhöhten sich, die Gebäude wurden höher und eine mächtige Skyline entstand.
Spaßhalber versuche ich hier mit dem Ball zu jonglieren und lege einen Hut für Spenden nieder. Hab sowas noch nie ausprobiert. Nicht einmal 1min dauerte es, da war schon die Polizei da 😉
Die Maglev-Bahn am Flughafen nehmen und mit 430 km/h auf der Magnetschwebebahn in die Stadt düsen. Was für ein Gefühl. Zunächst glaubte ich, dass die Geschwindigkeitsanzeige defekt sein muss.
Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel. Das müssen Chinesen erst üben. Alle stürmen rein und raus. Und zwar gleichzeitig. In anderen asiatischen Megacities wie Bangkok, Tokio und Hongkong verstehen die Menschen, dass man zuerst die Leute hinauslassen muss, um selbst hinein zu kommen. Hier nicht. Vorrang haben alle.
Kein Klischee. In Shanghai fragen Dich Chinesen immer wieder, ob sie ein Foto mit Dir machen können. Witzig 🙂
Nur in der berühmten Einkaufsstraße Nanjing Rd. solltest Du Dich nicht auf einen Tee einladen lassen. Meistens dient jemand als Lockvogel, Du wirst in einen Hinterhalt geführt. Dann bist Du entweder einige hundert Euro ärmer, oder viele blaue Flecken reicher.
Pudong. Das Banken- und Wirtschaftscenter als Downtown von Shanghai.
Wir nehmen den Aufzug im Jin Mao Tower.
Verkehrssituationen.
Bei einer Talkshow. Und wir verstehen nur chinesisch…
Versteckt zwischen den Wolkenkratzern besuchen wir den bedeutsamen Jing’an-Tempel.
Oder den Longhua Tempel.
Als Kontrast stehen gegenüber schwer bewaffnete Soldaten vor Chinas Banken.
Ein Highlight sind sicher die Yu Yuan-Gärten in der Altstadt.
Der Central Park. Anders als in den Yu Yuan-Gärten findet sich hier eine öffentliche Ruheoase.
Der Aufschwung Chinas führt vor allem über den Hafen von Shanghai. Es ist der größte völlig automatisierte Hafen der Welt.
Essen & Tischsitten. In China isst man am runden Tisch, weil man sich dadurch mehr verbunden fühlt und es die Kommunikation erleichtert. Während in Europa jeder sein eigene Speise bestellt, wird in China jedes Gericht geteilt. Nur Stäbchen, eine Schüssel Reis und ein Glas hast Du für Dich allein.
Lieber wird zuviel als zu wenig bestellt. Die Freude darüber sieht man mir an 😉 Üblicherweise widmet man sich zuerst dem Fleisch und Fisch, dann dem Gemüse, letztlich Reis und Nudeln. Beim Anstoßen („Ganbei“) kann man sein eigenes Glas niedriger halten, um seinem Gegenüber Respekt zu zollen.
Ganz wichtig: Angewohnheit wie Rülpsen, Schlürfen oder das Ausspucken von Knochenstücken gelten in China als ganz normal und nicht als unhöflich. Hier kannst Du Dich ausleben.
Direkt unter unserem Wohnhaus gab es einen Sushi-Meister. Bei dem waren wir fast täglich. 5min brauchte er für jede neue Sushi-Rolle. Alles frisch. Und immer nur 1-2€. Diese 6 Monate waren das reinste Fress-Paradies.
Micha nahm von uns eine Food-Challenge an. Wer es schafft, im Yasemine’s Steakhouse and Butcher Shop einen 2 kg-Burger in 30 Minuten zu verdrücken, muss ihn nicht bezahlen und bekommt einen Eintrag an der Wand. Dasselbe gilt für einen 1kg-Burger – in nur 10 min 😀 Micha versucht sich am letzten Angebot. Er scheiterte knapp.
Überall gibt’s BBQ am Straßenrand. Wie soll man da nicht zunehmen?
Selbst wenn man einmal richtig fein essen geht, bleibt der Geldbeutel voll.
Nachtleben in Shanghai: Verrückt. Besser als alles was ich je zuvor erlebt hab. In dieser Megastadt ist auch jeden Tag etwas los. Schnell freundeten wir uns mit sogenannten Club-Promotern an und kamen in den besten Clubs von Shanghai in den Genuss eines „Free Table„. Das bedeutet: Essen und Trinken die ganze Nacht – alles was der Club zu bieten hat – for free! Fast täglich hatten wir die Qual der Wahl, welchen Free Table in welchem Club wir nehmen sollen. Das gibt’s nur in China.
Slums. Alles gut bis jetzt. Aber wie sehen die herunter gekommenen Viertel von Shanghai aus? Mit der U-Bahn steige ich an der Baoshan Road aus. Einen ganzen Nachmittag spaziere ich durch irgendwelche Gassen herum…
Campus-Life. Der eigentliche Grund, weshalb ich in Shanghai war: Medien- und Kommunikationsmanagement an der Fudan University.
Erst musste ich es erleben, um glauben zu können, dass es so ein riesiges Universitätsgelände gibt. Es braucht längere Busfahrten, um andere Fakultäten zu erreichen. Eine kleine Stadt für Gleichgesinnte.
Den Campus müsste man theoretisch nie verlassen, hier findet man alles was man zum leben braucht. Wir gingen jeden Sonntag Fußball spielen. Manchmal hatte ich danach schwarzen Schleim. Dann wusste man, die Smogwerte sind wieder einmal zu hoch.
In der Freizeit habe ich beim Tischtennis auch die richtige Schlagtechnik erlernt…
Der Unterricht war spannend und immer sehr abwechslungsreich.
Meine beiden Lieblingsprofessoren 🙂
Modeln. Shanghai eröffnete mir Zugang zu einem neuen Metier. Von einem Modelscout in der U-Bahn angesprochen. Der brachte mich zu einem Casting. Und prompt den ersten Job bekommen 😀
Die ersten 100 Fotos landeten im Müll. Hatte keine Ahnung vom Posing. Nicht mein Ding. Schon gar nicht das Make-Up in meinem Gesicht. Als mich der japanische Fotograf dann einmal zur Seite nahm, änderte sich alles. „Beim Modeln geht es nicht ums Posen, oder um möglichst gut auszusehen. Du musst eine Stimmung vermitteln. Fühlst Du den Wind und die Kälte, wenn Du einen Anorak trägst?“ Für mich ein Schlüsselmoment. Vorurteile verschwanden. Und das Schauspiel war von nun an eine Herausforderung für mich.
Als wir die ersten brauchbaren Fotos für das Magazin im Kasten hatten, fragte er mich: „Wo hast Du Dir eigentlich Deine Nase gebrochen? Die ist ja richtig fett!“ 😀
Ich dachte, das sei eine einmalige Erfahrung gewesen und bewarb mich auch nie wieder. Fünf weitere Jahre sollten vergehen, bis ich in Österreich tatsächlich als Model startete.
Formel 1 Grand Prix von Shanghai. 1x im Leben wollte ich dieses Spektakel erleben. Und dann hatte ich 3 Tage Ohrenpfeifen. Hab den Lärm völlig unterschätzt.
Die Legende Michael Schumacher einmal live zu erleben, war eine feine Sache.
Zwischendurch braucht es auch eine Massage.
Besuch im Pudong-Museum. Beeindruckend. All diese Propaganda-Poster während der Chinesischen Revolution von 1949-1966 unter Mao Zedong. Jahrhundertelang angestauter Hass und Ungerechtigkeit bei Kleinbauern suchen sich durch Maos Bodenreform ein Ventil in der Umkehrung der Verhältnisse. Hetzkampagnen, Folter, öffentliche Tötungen. Die Besitzlosen holen sich durch Gewalt das Land von ihren Herrschern zurück.
1957 werden Mao die Systemkritiker zuviel und er greift hart durch. Hunderttausende werden gedemütigt, in Arbeitslager interniert oder hingerichtet. 1960-1962 führte er das Land in eine riesige Hungersnot. Bis 1976 herrschte kulturelle, politische und wirtschaftliche Stagnation.
Verschiedene Szenen…
Danke für alles, Shanghai!
12/06/2011
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